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  • u.nic.orn

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Er schaute gedankenverloren, beinahe apathisch, seinem Computer zu wie dieser langsam startete. Heute kam er ihm noch viel langsamer vor als sonst, obwohl er das eigentlich gar nicht war. Er bemerkte gar nicht wie sie mit langsamen Schritten erneut den Flur entlang lief und sich unweigerlich auf sein Büro zu bewegte. Hatte sie ihn doch gerade erst mit dem Bus ins Büro gefahren. Sie führten auf dem Weg dorthin ein ernstes Gespräch darüber was wohl passieren könnte. “Ich glaube nicht, dass es ihm bald wieder besser gehen wird. Ich fürchte sogar, dass es bald noch schlimmer werden wird“ sagte Sie, während Sie beinahe weinte. “So etwas darfst du nicht sagen, nicht einmal denken“ sagte er. Wobei sie doch beide wussten, dass es nicht nur eine Befürchtung war, sondern schon bald Gewissheit werden würde. Er wollte sich an diesem Morgen nicht damit auseinandersetzen, nicht schon wieder.

Erst am Sonntag war er doch noch bei ihm. Sie sprachen über belanglose Dinge. “Deine Haare sehen viel besser aus, wenn du sie nicht mit Haargel zukleisterst und die Fransen runterhängen lässt“, sagte er höhnisch. “Jaja“ antwortet er und fügte sogleich ein “ich mag dich auch du blöder Kerl“ an. Darüber und über viele andere Themen haben Sie zusammen gesprochen, zusammen gelacht, nicht nur ein bisschen sondern so, dass bereits die Tränen kullerten und die Bäuche schmerzten. Als die Krankenschwester das Essen brachte versuchte er sich aufzurichten. Er schaffte es fast, bemerkte aber, dass er drohte das Bewusstsein zu verlieren und stoppte. Er lehnte sich wieder zurück und versuchte die Situation mit Humor zu entschärfen, als er bemerkte, dass seine Besucher besorgt reagierten und sich erneut Traurigkeit in ihren Augen breit machte. “Hui, jetzt hab ich fast Sterne gesehen, vielleicht ist es doch noch etwas zu früh“. Sie lächelten und antworteten bedrückt: “Ja, vielleicht“, bemüht, sich nichts anmerken zu lassen, womit sie natürlich kläglich scheiterten. Nach einem letzten Blick über die Schulter als sie gerade das Zimmer verliessen und sich wieder auf den Weg nach Hause machten, rief er ihnen noch zu: “Schaut nicht so traurig, das wird schon wieder, ihr müsst mir nur noch etwas Zeit geben“.

Sie klopfte an seine Tür und nannte seinen Namen, er hörte sie nicht. Sie versuchte es erneut, immer noch nichts. Erst beim dritten Versuch wurde er aus der Trance gerissen. Er blickte auf den Bildschirm, alles da, hektisch schaute er nach rechts. Sie weinte, er wusste was geschehen ist, trotzdem fragte er “Was ist los?“ und gab sich die Antwort bereits selbst bevor sie auch nur etwas sagen konnte, trotzdem antwortete sie: “Er..., er ist heute Morgen gestorben“.

Er hörte den Regen leise an das Fenster prasseln, so als wäre er weit weg und als würde er ihn nur aus der Ferne hören. Er war starr, sass da, regte sich nicht. Nach einigen Minuten, er wusste nicht wie viele es waren, hörte er seine Mutter am Telefon sprechen: “Ja, hallo. Ich bin es, ich muss dir etwas sagen...“.

Seine Kollegen im Büro liefen langsam auf ihn zu. Als sie vor ihm standen fragten sie: “Was ist los?“, er antwortete: “Ich weiss nicht“. Er fühlte sich taub.

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